Kölner Fahrrad-Entscheid – Die Verkehrswende beschleunigen

Eine Gruppe engagierter Kölner*innen setzt sich für einen Fahrrad-Entscheid in ihrer Stadt ein. Was die Gruppe seit ihrer Gründung Anfang 2023 schon erreicht hat, welche Ziele sie sich gesetzt haben und warum es einen Fahrrad-Entscheid in Köln braucht, erzählt uns Joost Zickler im Interview. Der 23-Jährige studiert an der Universität zu Köln und ist Pressesprecher der Gruppe.  

Das Interview führte Ida Mohrhardt.

Wie bist du zum Fahrrad-Entscheid gekommen?  

Im März 2023 bin ich zur Kick-Off Veranstaltung gegangen, da ich finde, dass das Fahrradfahren in Köln sicherer und flüssiger werden muss. Mit dem Rad unterwegs zu sein, macht in Köln in großen Teilen keine Freude. Die Meinung teilen anscheinend viele: Zu dem Event kamen neben mir noch 70 andere Interessierte. Das hat die Initiative richtig ins Rollen gebracht.  

Was habt ihr seitdem alles erreicht?  

Einiges. Anfangs haben wir uns intern mit unserem Design und unserer Ansprache beschäftigt. Wir haben eine Website und Social-Media-Kanäle aufgebaut. Dann haben wir damit angefangen, wirklich an die Öffentlichkeit zu gehen. Wir haben eine Pressekonferenz gehalten und verschiedene Events, wie Pop-Up-Radwege, durchgeführt, um Leute auf uns aufmerksam zu machen. Außerdem haben wir Sondierungsgespräche mit den meisten Fraktionen des Stadtrats und mit der Stadtverwaltung geführt. Und wir haben unsere Forderungen im genauen Wortlaut formuliert.  

Joost Zickler (l.) beim Pop-Up-Radweg des Fahrrad-Entscheids an der Roonstraße / © Fahrrad-Entscheid Köln

Wie lauten eure Forderungen? 

Unsere Hauptforderung ist, dass der schon beschlossene Ausbau des Radverkehrshauptnetzes beschleunigt wird, indem die Stadt Köln bis 2030 drei konkrete Maßnahmen umsetzt. Die erste Maßnahme ist, dass jedes Jahr 40 km baulich getrennte und 2,5 Meter breite Fahrradwege an großen Straßen gebaut werden sollen – möglichst ohne freilaufende Kfz-Rechtsabbieger. Die zweite Maßnahme ist, dass jedes Jahr 30 km neue Fahrradstraßen entstehen sollen. Als letzte Maßnahme fordern wir, dass die Stadt ihr Vorgehen dabei in einem Jahresbericht begründet.   

Was ist das Radverkehrshauptnetz?  

Das ist ein Konzept, dass die Bezirksvertretungen erarbeitet haben. Es existiert jetzt seit einem Jahr als Gesamtkonzept für die ganze Stadt. Es besteht aus einem Gelben und einem Grünem Netz. Auf dem Stadtplan von Köln sind einige Hauptverkehrsstraßen in Gelb markiert. An diesen Straßen soll der Fahrradverkehr perspektivisch getrennt geführt werden. Ergänzt wird das vom Grünen Netz, das sind meist kleinere Straßen. Dort soll der Fahrradverkehr perspektivisch zwar nach wie vor im Mischverkehr mit Autos und Fußgänger*innen geführt, aber durch verschiedene Maßnahmen wie Fahrradstraßen oder Tempo-30-Zonen geschützt werden. Unsere erste Forderung knüpft also an das Gelbe, die zweite an das Grüne Netz an.  

Wenn es dieses Konzept schon gibt, warum braucht es dann einen Fahrrad-Entscheid?  

Das Problem ist, dass es bislang nur ein Zielkonzept ohne Zeitplan ist. Es ist nicht bindend und muss nur bei zukünftigen Planungen oder Neubauten von Straßen berücksichtigt werden. Das heißt, es könnte noch Jahrzehnte dauern, bis es tatsächlich umgesetzt wird. Deswegen fordern wir, den Ausbau zu beschleunigen. Insbesondere in der Innenstadt wurde das Gelbe Netz teilweise schon super ausgebaut. Leider passiert in den Randbezirken bisher relativ wenig. Das ist aber die entscheidende Stellschraube, damit beispielsweise auch Pendler*innen aufs Fahrrad umsteigen. Köln will bis 2035 klimaneutral sein, da ist eine Verkehrswende in der Stadt einfach unvermeidbar.  

Wie geht es jetzt weiter?  

Wir haben die Forderung bei der Stadtverwaltung eingereicht und warten darauf, dass sie eine Kostenschätzung erstellt. Wir wissen leider nicht genau, wie lange das noch dauern wird. Erst wenn diese Schätzung vorliegt, wären wir offiziell in der ersten Phase, dem Bürgerbegehren. Dann würden wir anfangen, Unterschriften für unsere Forderung zu sammeln.  

Und was würde passieren, wenn ihr genügend Unterschriften bekämet?  

Dann müsste sich die Stadtverwaltung zu unserer Forderung positionieren. Wenn sie diese annimmt, ist das Begehren erfolgreich und unsere Forderung offiziell verabschiedet. Wenn der Stadtrat dagegen stimmt, gehen wir automatisch in die zweite Phase und das Bürgerbegehren wird zu einem Bürgerentscheid. Dann wird ein Wahltermin angesetzt, an dem alle wahlberechtigten Kölner*innen im Wahllokal über unsere Forderung abstimmen. Bis es so weit ist, veranstalten wir weiterhin Events wie zum Beispiel Podiumsdiskussionen oder Pop-Up-Radwege. Und wir freuen uns über jede helfende Hand beim Aufbau unserer Sammel-Struktur. 

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei eurer weiteren Arbeit.  

Auf der Website des Fahrrad-Entscheids gibt es fortlaufend Updates zu aktuellen Events und Möglichkeiten zum Engagement.